7. Berliner Milchforum 10./11. März 2016

Am 10. und 11. März 2016 fand das 7. Berliner Milchforum statt. Die Veranstaltung war wie im letzten Jahr in kurzer Zeit ausverkauft. Die Veranstaltungsreihe Berliner Milchforum hat sich inzwischen auf dem Markt als Branchentreff fest etabliert. (Artikel z.T. molkerei-industrie)

vlnr.: Ulrich Westrup (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft), Hans Holtorf (Stellv. Vorsitzender Milchindustrie-Verband), Milchkönigin Bayern, Dr. Dietmar Woidke (Ministerpräsident des Landes Brandenburg), Udo Folgart (Vizepräsident Deutscher Bauernverband), Bernhard Krüsken (Generalsekretär Deutscher Bauernverband), Eckhard Heuser (Hauptgeschäftsführer Milchindustrie-Verband), Dr. Henning Ehlers (Generalsekretär Deutscher Raiffeisenverband) © Deutscher Bauernverband e.V.

Veranstalter sind der Milchindustrie-Verband (MIV) und der Deutsche Bauernverband (DBV) in Kooperation mit der Deutschen Landwirtschaft-Gesellschaft (DLG) und dem Deutschen Raiffeisenverband (DRV).

Über 450 Führungspersönlichkeiten aus Landwirtschaft, Molkereiwirtschaft, Handel und Politik besuchten die jüngste Veranstaltung und nutzten diese zum Gedankenaustausch im andel´s Hotel Berlin.

Das 8. Berliner Milchforum findet am 16./17. März 2017 statt!

Posiumsdiskussion am 10.03.2016

vlnr.: Dr. Ludger Breloh, Günther Felßner, Dr. Clemens Dirscherl, Pr. Dr. Friedhelm Taube, Christian Schramm, Dr. Ludger Schulze Pals © Deutscher Bauernverband e.V.

Das Berliner Milchforum startete am Donnerstag mit der Podiumsdiskussion unter dem Arbeitsthema „Wie sieht eine nachhaltige Milchviehhaltung aus?“.

Die Podiumsteilnehmer:

Dr. Clemens Dirscherl
Beauftragter für agrarsoziale Fragen
Evangelischen Kirche in Deutschland, Waldenburg

Professor Dr. Friedhelm Taube
Leiter Abteilung Grünland und Futterbau/ Ökologischer Landbau
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

Günther Felßner
Vizepräsident Bayerischer Bauernverband KdöR, München

Christian Schramm
Leiter Milcheinkauf Zott SE & Co. KG, Mertingen

Dr. Ludger Breloh
Bereichsleiter Grüne Produkte (Z QG) REWE GROUP, Köln

Moderation:

Dr. Ludger Schulze Pals
Chefredakteur top agrar
Landwirtschaftsverlag GmbH, Münster

Begrüßungsempfang, Eröffnung am 10.03.2016

Eröffnet wurde die Abendveranstaltung durch Michel Nalet, Präsident des Dachverbandes der EU-Milchindustrie EDA (European Dairy Association) mit der Bemerkung, dass ein solches Branchenforum, das Erzeuger und Verarbeiter versammelt, in Frankreich angesichts der sehr konträren Haltung der französischen Bauern gegenüber ihren Milchkäufern nicht denkbar wäre. Der Lacatalis-Manager hob auf die frühere Gemeinsamkeit von Frankreich und Deutschland auch in Agrarfragen ab, als er von dem Treffen der Agrarminister beider Länder im Vorfeld des Agrarrats in der kommenden Woche berichtete. Bislang hätten beide Länder immer noch einen gemeinsamen Weg gefunden, man müsse nun sehen, ob das zitierte Treffen auch Früchte tragen wird. Jedenfalls, so Nalet, haben beide Länder eine Gemeinsamkeit: auf Sicht werden 85 Prozent der erzeugten Milch im Binnenmarkt abzusetzen sein. Beide Länder müssten darüber hinaus Interesse daran haben, dass der freie Warenverkehr nicht auf den Rheinbrücken endet.

Der Ministerpräsident des Landes Brandenburg, Dr. Dietmar Woidke, gelernter Landwirt und Agraringenieur sowie zwischen 2004 und 2009 Agrarminister von Brandenburg, sprach sich in seiner Festrede gegen eine Rückkehr zu Mengensteuerungen bei Milch aus.  Die Abschaffung der Quote sei der richtige Weg gewesen, schließlich hätte die Mengenregelung die Entwicklung gerade der guten Erzeugerbetriebe behindert. Woidke wandte sich auch dagegen, dass die Landwirte dem Handel weiter ausgeliefert bleiben – die Macht des LEH sei in den letzten Jahrzehnten unerhört gewachsen. In einem Nebensatz, der sich dem Export widmete, sprach Woidke über das russische Embargo. Offenbar seien die Rahmenbedingungen falsch gesetzt, sagte Woidke, man sollten besser mehr mit Russland als über Russland sprechen. Angesichts der Marktvolatilität sollten die Erzeugerbetriebe steuerfreie Rücklagen bilden können, forderte Woidke. Auf diese Weise bekäme auch der Finanzminister über gestärkte Bauernhöfe langfristig eine verlässlichere Einkommensquelle. Zum Schluss sprach sich Woidke für eine Stärkung regionaler Wertschöpfungsketten aus. Die Verbraucher wären durchaus bereit, für Regionalität und Transparenz mehr zu bezahlen.

Vortragsveranstaltung am 11.03.2016

Im Fokus stand die Vortragsveranstaltung, in der namhafte Referenten zum Arbeitsthema: „Europa ein Jahr nach Quotenende – Erfahrungen und Erwartungen“ Stellung nahmen. Alle Referenten entnehmen Sie bitte dem Programm (siehe unten im Anhang).

Durchaus düstere Prognosen für Milchmarkt und –preise waren am 11. März auf dem 7. Berliner Milchforum zu hören. Angesichts der anhaltenden Rohstoffschwemme – in der EU werden im laufenden Jahr laut ZMB-Geschäftsführerin Monika Wohlfarth mindestens 2 Mio. t Rohstoff mehr angeliefert – wird es keine kurzfristige Markterholung geben. Der Milchpreis, der aktuell oft über der tatsächlichen Verwertung liegt, wird auf dem aktuellen Niveau nicht zu halten sein. Insgesamt, sagte Wohlfarth, kann es nur eine von der Angebotsseite ausgehende Marktwende geben, denn auf eine steigende Nachfrage kann man in Zeiten niedriger Ölpreise, Wirtschaftsschwäche in China und des russischen Embargos nicht zählen.

Ob und wie die Erzeuger reagieren werden ist offen. Schon in der Vergangenheit gab es höchst selten anlieferungsdämpfende Reaktionen auf Preisentwicklungen, berichtete Wohlfarth, die das Beispiel Neuseeland zitierte, wo ein seit zwei Jahren um die 20 Cent pendelnder Milchpreis auch zu keiner nennenswerten Reduzierung der Milchmengen geführt hat. Der geringe aktuelle Lieferrückgang in Neuseeland wird aber in jedem Fall von der Anlieferungssteigerung speziell in Europa mehr als konterkariert, so dass von daher keine Entlastung für den Weltmarkt ausgehen kann. Tatsächlich wurden die Milchmengen in Europa weitaus stärker erhöht als die Prognosen früherer Zeiten hergaben: die EU-Kommission hat für den Zeitraum 2011 bis 2015 mit 4,2 Mio. t mehr Milch gerechnet, die Rabobank immerhin mit 8,6 Mio. t. In der Realität waren es aber 12 Mio. t, so Wohlfarth. Dass die Erzeuger nun aus volkswirtschaftlicher Einsicht freiwillig weniger anliefern, ist laut Hans Holtorf, Vizevorsitzender des Milchindustrie-Verbandes (MIV), jedenfalls nicht zu erwarten. Gleichwohl sei es ein Denkfehler, wenn die Höfe bei einem 5-prozentigen Milchpreisminus die Menge um 5 Prozent steigern, nur um den Umsatz zu halten.

Eine schlagende Lösung für die Probleme des Milchmarktes ist also nicht zu sehen, stellte Holtorf, fest.

Jede Heilserwartung an die Politik wird enttäuscht werden, da letztlich nur der Markt den Preis bildet – was später auch Heiner Kamps als Aufsichtsratsvorsitzender der Unternehmensgruppe Theo Müller in seinem Vortrag auf dem Berliner Milchforum bestätigte (Kamps: „Nicht der Handel, sondern der Markt macht den Preis“). Laut Holtorf dürfte es den Landwirten auch wenig helfen, wenn das Kartellamt, wie von gewisser Seite gefordert, die Lieferbeziehungen zwischen Molkereien und Erzeugern aufbricht. Der MIV plädiert, übrigens in Übereinstimmung mit dem Bauernverband, für den marktwirtschaftlichen Weg. Dabei werde es aber nicht so weit kommen wie in der Automobilindustrie, die Absatzprobleme (aktuell bei VW) einfach bei ihren Vorlieferanten ablädt.

Tatsächlich scheint von der Politik eher wenig zu erwarten sein, dieses Fazit könnte man aus dem Vortrag von Dr. Katharina Böttcher (Abteilungsleiterin im BMEL) ziehen. Sie erklärte, dass der Staat nicht die Absicht habe, wieder in die Marktsteuerung einzusteigen. Denn die Marktverantwortung hätten einzig die Molkereien und die Erzeuger. Hier seien die Lieferbeziehungen eben so zu gestalten, dass alle Seiten planbar wirtschaften können, „Mengen“ seien durch die Marktbeteiligten zu definieren. Auch der Umgang mit Risiken sei Aufgabe der Wirtschaft, wobei Böttcher die Molkereien aufrief, ihren Lieferanten Werkzeuge zur Risikoabsicherung zugänglich zu machen. Jedenfalls bleibe die Bundesregierung bei ihrer Haltung, dass es keine Rückkehr mehr zu mengensteuernden Maßnahmen geben wird, sagte Böttcher.

Traditionell wurde das Forum von einer Fachausstellung begleitet. Viele namhafte Unternehmen waren vertreten, trugen zu einer umfangreichen innovativen Fachausstellung bei und machten von den unterschiedlichen Leistungspaketen Gebrauch.

Die Aussteller und Sponsoren des Berliner Milchforum 2016

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Programm Berliner Milchforum 2016