Milchpolitischer Frühschoppen 2022 - Vom Green Deal zur Farm-to-Fork-Strategie – wer zahlt die Zeche?

Insgesamt, so der Tenor des vom Milchindustrie-Verband (MIV) am 25. Januar in Berlin als online-Event konzipierten Milchpolitischen Frühschoppens, werden die Kosten durch Klimaschutz und Tierwohl in der Folge von Green Deal (GD) und Farm-to-Fork (F2F) deutlich steigen, und das on top der bereits heute schon durch die Energiekostenentwicklung ausgelösten Entwicklungen. Die deutsche Milcherzeugung wird sinken und die Verbraucherpreise werden steigen. Dies war auch gleich eine pauschale Antwort auf das Tagungsthema: die Zeche für die Veränderungen werden die Verbraucher tragen müssen, indirekt natürlich auch die Milcherzeugerbetriebe, die nicht nur durch Kostensteigerungen, sondern auch durch höhere Auflagen von Seiten des Handels (Haltungsform …) zur Aufgabe gezwungen werden. (Artikel: Molkerei-Industrie)

 

Weniger Milch, Preise steigen

@MIV

Prof. Holger Thiele ife Institut für Ernährungswirtschaft Kiel, präsentierte Ergebnisse aus einer Studie seiner Hochschule zu den Folgen von F2F/GD: die Zahl der Kühe/Rinder wird um 13 % zurückgehen, die Milcherzeugung wird um ca. 6 % sinken. Das bedeutet, dass die Produktion in Zukunft intensiver wird. Dem widersprach Dr. Andreas Christian Täuber stellv. Leiter des Referates 521 Nachhaltigkeit und Klimaschutz, Klimafolgen im BMEL: die neue Ampelkoalition werde in keinem Fall das Herausdrängen kleinerer Betriebe aus dem Markt zulassen, sondern wolle die Primärerzeugung stärken. Überdies gebe es inhaltlich wenig Unterschiede zwischen der alten und der neuen Regierung zur Auffassung des GD/F2F, jetzt steht die Thematik nur etwas prominenter im Vordergrund. Udo Hemmerling, Deutscher Bauernverband, machte klar, dass GD/F2F lediglich politisch aufgestellt wurden, fachlich aber keineswegs unterlegt sind. Es erfülle nicht gerade mit Vertrauen, wenn die Kommission Studien unter Verschluss hält und Timmermans einseitig Kompetenzen vom Agrarkommissar abzieht, Hemmerling sprach in diesem Zusammenhang von „Bad Government“.

Die Härte kommt erst noch

@MIV

Noch besteht aber wenig Klarheit darüber, was die Branche von F2F/GD wirklich zu erwarten hat. Denn bislang hat die Kommission nur Ziele aufgestellt, lässt sich aber mit einer Folgenabschätzung Zeit. Laut Täuber (Foto) ist bisher nur der „harmlose Teil“ bekannt, die Reduktion von Düngemittel-, Pflanzenschutzmittel- und Antibiotikaeinsatz usw. wird in 2022/23 erst noch kommen. Dennoch ist heute schon klar, dass eine Rückführung der Zahl der gehaltenen Tiere Kernelement der EU-Strategie ist. Hier hakte Hemmerling direkt ein, als er eine bloße Reduktion der Bestände als „Klimaschutz für Dummies“ bezeichnete. Vielmehr gehe es um Verbesserungen in der Fütterung und beim Güllemanagement.

@MIV

Hans Foldenauer (Foto), BDM Bundesverband Milchviehhalter, sieht einen sinkenden Selbstversorgungsgrad nicht unbedingt als Nachteil, wenn steigende Wertschöpfungsmöglichkeiten, auch im Export, erschlossen werden. Im Markt ist lt. der Kieler Folgenabschätzung mit einem Preisanstieg von bis zu 36 % auf Rohmilchebene zu rechnen, auch das Volumen der Mopro-Exporte könnte um eine Million Tonnen zurückgehen, so der Hinweis Thieles. Laut Foldenauer ergibt daraus die Frage, wie die Landwirte Mehrerlöse abholen können. Bisher hätten sie stets allein die Zeche einer Agrarpolitik, die sie in eine Sackgasse gebracht habe, bezahlt. Foldenauer sprach sich ausdrücklich gegen einen Konfrontationskurs mit der EU-Kommission aus.

Märkte und Chancen

Thiele wies darauf hin, dass in der neuen Marktlage das Delta zwischen den Preisen für Bio und konventionelle Produkte sinken wird, auch Markenartikler werden bei steigenden Rohstoffpreisen in Bedrängnis kommen. Höhere Milchpreise und sinkende Anlieferung werden im Übrigen weiteren Druck aufbauen. Nielsen rechnet damit, dass sich der Wettbewerb um den Rohstoff intensivieren wird, Milchkäufer müssen sich in einer Gesamtstrategie für die Landwirte interessant machen bzw. halten.

@MIV

Noch sind Chancen, wie z. B. Biofuels aus der Milcherzeugung/ Landwirt-schaft zu nutzen, in Deutschland kaum nutzbar. Kasper Thormod Nielsen (Foto), Arla Foods Deutschland, wies darauf hin, dass in Schweden Landwirtschaft und der angeschlossene Transport bereits z. T. mit diesen alternativen Kraftstoffen bewältigt werden. Hemmerling sieht gerade hier eine große Chance für die Landwirtschaft, wobei biogenes Methan, weil im Kreislauf, anders bewertet werden muss als Klimagase aus fossilen Energieträgern. Die Frage sei vielmehr wie Klimaschutz zum neuen Geschäftsmodell für die Landwirtschaft werden kann. Täuber pflichtete Hemmerling im Prinzip bei als er sagte, dass eine klimagasfreie Landwirtschaft niemals möglich sein wird.

Thiele sieht in diesem Zusammengang vor allem technische Innovation als Problemlöser in der auf Landwirtschaft bezogenen Klimadiskussion.

F2F wird übrigens die Klimaziele nicht erreichen, da zu viele externe Faktoren wie. Illegale Landnutzung in Drittstaaten nicht berücksichtigt werden. Nielsen und Hemmerling waren sich einig, dass die Strategie deswegen am Ende ggf. neu aufgestellt werden muss. Grundsätzlich ist F2F gar nicht so neu für Deutschland, denn vieles, was Brüssel noch auf den Weg bringen will, wird hier schon praktiziert.

Quelle: https://www.moproweb.de/news/home/milchpolitischer-fruehschoppen-2022/