Sachstand zu Milchfett

Milch und Milchprodukte weisen ein besonderes Nährstoffspektrum auf. Insgesamt zeigen die derzeitigen Studiendaten, dass eine moderate Aufnahme von gesättigten Fettsäuren aus Milch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen nicht erhöht. Damit darf die Wirkung des Milchfettes auf die menschliche Gesundheit nicht pauschal als nachteilig eingestuft werden. Milchfettsäuren sind bezüglich ihrer biologischen Funktionen differenziert zu betrachten.

Der aktuelle Wissensstand zur gesundheitlichen Wirkung von Milchfett stellt sich im Einzelnen wie folgt dar:

Milchfett, ein besonderes Fett

Nahrungsfette sind allgemein wichtige Energielieferanten und Träger von Geschmacks- und Aromastoffen sowie fettlöslicher Vitamine. Milch, Milcherzeugnisse und Käse sind bedeutende Lieferanten für Protein, Vitamine und den Mineralstoff Calcium (MRI, 2008).

Milchfett ist komplex zusammengesetzt (s. Abbildung) und besteht aus mehr als 400 verschiedenen Fettsäuren (IDF, 2016; Pfeuffer/Watzl, 2018). In Abhängigkeit ihrer Kettenlänge werden sie in kurz-, mittel- oder langkettige Fettsäuren eingeteilt. Von ihnen sind im Durchschnitt zwei Drittel gesättigt (d. h. sie haben keine Doppelbindung) und ein Drittel ungesättigt.

Minore milchfettspezifische Fettsäuren (wie C15:0; C17:0) werden als Biomarker für die Verzehrmenge von Milch und Milchprodukten genutzt (Pfeuffer/Watzl, 2018).

Abbildung: Zusammensetzung des Milchfettes
(nach Legrand P. Science des Aliments 2008. 28:34-43)
Zur Bezeichnung (Nomenklatur) von Fettsäuren:
C= Anzahl der Kohlenstoffatome als Maß für die Kettenlänge
:1, :2; :3 = Anzahl der Doppelbindungen
n-3, n-6 = Stelle der ersten Doppelbindung in der Kette
CLA= konjugierte Linolsäure

Gesättigte Fettsäuren: nützliche Nahrungsfaktoren

Gesättigte Fettsäuren haben wichtige biologische Aufgaben im Körper. Je nach Kettenlänge der Fettsäuren sind es z. T. unterschiedliche Wirkungen:

  • Die kurzkettige Buttersäure (C4; ca. 6,3 % der gesättigten Fettsäuren in der Milch) dient als Energiesubstrat der Dickdarmzellen, verbessert das Milieu im Dickdarm und scheint auch bei der Krebsprävention eine Rolle zu spielen (Arnold/Jahreis, 2011).
  • Die mittelkettigen Fettsäuren Capron-, Capryl- und Caprinsäure (C6-C10; ca. 10,4 % der gesättigten Fettsäuren in der Milch) haben wegen ihrer geringeren Kettenlänge einen 10 % geringeren Energiegehalt. Sie werden besonders leicht verstoffwechselt und sind mit einem erhöhten Energieverbrauch verbunden (DGE, 2015). Des Weiteren senken sie das Körpergewicht und vor allem die Körperfettmasse signifikant (Pfeuffer/Watzl, 2018). Sie wirken zudem antitumoral, die Capryl- und Caprinsäure scheinen auch antiviral wirksam zu sein (Arnold/Jahreis, 2011).
  • Eine antibakterielle Wirkung ist außerdem für Laurinsäure (C12; ca. 5,4 % der gesättigten Fettsäuren in der Milch) nachgewiesen worden (Arnold/Jahreis, 2011).
  • Bei milchspezifischen Fettsäuren (wie C15:0, C17:0) ist bislang offen, ob sie per se oder durch den erkennbaren Mehrverzehr von Milch und Milchprodukten für die positiven gesundheitlichen Effekte verantwortlich sind (Pfeuffer/Watzl, 2018).

All diese Fettsäuren kommen natürlicherweise im Milchfett vor.

Gesättigte Milchfettsäuren: verschiedene Wirkung, insgesamt kein KHK-Risiko

Hinsichtlich des Risikos für Herz-Kreislauferkrankungen muss zwischen zwei Cholesterinarten unterschieden werden: das HDL-Cholesterin wirkt schützend, während das LDL-Cholesterin das Auftreten von Herz-Kreislauferkrankungen fördert.

Die Wirkung der gesättigten Fettsäuren auf den Cholesterinspiegel ist unterschiedlich:

  • Die mittelkettigen Fettsäuren sowie die langkettige Stearinsäure (C18; ca. 14,5 % der gesättigten Fettsäuren in der Milch) erhöhen nicht die Cholesterinkonzentration im Plasma (DGE, 2015; Pfeuffer/Watzl, 2018).
  • Eine gesundheitlich positive Wirkung des Milchfettes ist die Erhöhung des „guten“ HDL-Cholesterins, u. a. aufgrund der langkettigen Fettsäuren; Laurinsäure wirkt hier am stärksten (DGE, 2015).
  • Einige Fettsäuren steigern das LDL-Cholesterin. Es gibt jedoch Hinweise, dass die vornehmlich in Milch vorkommenden Fettsäuren ausschließlich den Anteil größerer LDL-Teilchen erhöhen und damit das Auftreten kleinerer (kritischer) LDL-Teilchen prozentual verringern (Arnold/Jahreis, 2011; IDF, 2016).

Diese Beispiele zeigen, dass es wissenschaftlich nicht korrekt ist, pauschal alle gesättigten Fettsäuren in ihren Wirkungen gleich zu setzen und als „ungesund“ zu bewerten. Die Wirkungen der einzelnen Fettsäuren und die Herkunft müssen einzeln betrachtet werden (EDA, 2020), bevor Lebensmittelbestandteile vereinfacht negativ bewertet werden.

Die kurz- und mittelkettigen Fettsäuren sowie die Stearinsäure sind gesundheitlich unbedenklich, sie wirken neutral auf den Cholesterinspiegel und zeigen positive gesundheitliche Effekte. Es ist daher unerlässlich, dass diese gesättigten Fettsäuren, ebenso wie die michspezifischen Fettsäuren, differenziert von den anderen gesättigten Fettsäuren zu betrachten sind.

Der aktuelle wissenschaftliche Stand unterstreicht, dass die Aufnahme von fetthaltigen Milchprodukten nicht mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zusammenhängt (IDF, 2016; Astrup, 2016; Pfeuffer/Watzl, 2018).

Cholesteringehalt in der Nahrung unerheblich für Blutwerte

Der Nahrungscholesteringehalt hat keinen signifikanten Einfluss auf den Cholesterinspiegel des Plasmas, der über verschiedene genetische und ernährungsphysiologische Mechanismen reguliert wird. Auch zeigten epidemiologische Daten keinen Zusammenhang zwischen dem Nahrungscholesterin und Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Lecerf, 2011). In einem weiteren Review wird dies bestätigt (Barona, 2012).

Ungesättigte Fettsäuren

In klinischen Studien fand man, dass der Konsum von Biomilch das Gesamtcholesterin im Blut sogar absenkt. Durch das Grasen entstehen im Pansen der Kühe mehr Omega-3-Fettsäuren sowie mehr konjugierte Linolsäuren (CLA). In Biomilch findet sich ein Drittel bis zu doppelt so viel der Omega-3-Fettsäure a-Linolensäure (C18:3) wie in konventionell erzeugter Milch. Auch bei konventioneller Tierhaltung steigt mit einem höheren Anteil an Grünfutter die Konzentration dieser Fettsäuren. a-Linolensäure senkt den LDL- und Gesamtcholesterinspiegel (Pfeuffer/Watzl, 2018). Konjugierten Linolsäuren wird dagegen eine antiatherogene und antikanzerogene Wirkung zugeschrieben (Astrup, 2016).

Detaillierte Informationen zur gesundheitlichen Unbedenklichkeit zur üblichen Aufnahme von wiederkäuerspezifischen Transfettsäuren finden Sie hier.

Milchmatrix: Milch ist mehr als Milchfett

Der ernährungsphysiologische Wert von Milch beruht auf ihrer komplexen Zusammensetzung und darf nicht auf den Gehalt der gesättigten Fettsäuren reduziert werden. Es wird zunehmend festgestellt, dass die Auswirkungen von Milch und Milchprodukten auf die Gesundheit nicht nur auf einzelnen Nährstoffen beruhen. Vielmehr ist es die einzigartige natürliche Kombination von Nährstoffen, bioaktiven Faktoren und anderen Komponenten und wie diese in der Milchmatrix miteinander interagieren (Astrup, 2016; Givens, 2017; Thorning, 2017; IDF, 2019).

Die wissenschaftliche Datenlage zeigt auch, dass gegebenenfalls nachteilige Effekte einiger langkettiger gesättigter Fettsäuren durch andere bioaktive Inhaltsstoffe (wie konjugierte Linolsäure, Calcium oder Molkenproteine) ausgeglichen werden können (Arnold/Jahreis, 2011; Pfeuffer/Watzl, 2018).

Milch: essentiell für die tägliche Ernährung

Milch ist Grundnahrungsmittel und essentieller Bestandteil einer ausgewogenen und abwechslungsreichen Ernährung. Sie stellt eine sinnvolle Komponente einer präventiven, pflanzenbetonten Ernährung dar (MRI, 2014; Pfeuffer/Watzl, 2018). Über den reinen Nährwert hinaus hat Milch viele weitere gesundheitliche Vorteile. Sämtliche europäische Ernährungsempfehlungen sprechen sich für die tägliche Aufnahme von Milch und Milchprodukten aus. Die tägliche Portion Milch leistet einen wichtigen Beitrag zur gesunden Ernährung und dient der Prävention von ernährungsmitbedingten Krankheiten.

Quellen:

  • MRI, 2008: Nationale Verzehrsstudie II (NVS II), Ergebnisbericht Teil 2, Max Rubner-Institut, 2008
  • IDF, 2016: Saturated Fatty Acids and Cardiovascular Disease; IDF Factsheet
  • Pfeuffer/Watzl, 2018: Gesundheitliche Bewertung von Milch und Milchprodukten und ihren Inhaltsstoffen; Ernährungs Umschau international Nr. 02/2018: 22-33, Pfeuffer M., Watzl B.
  • Arnold/Jahreis, 2011: Milchfett und Gesundheit; Ernährungs Umschau Nr. 04/2011: 177-181, Arnold C., Jahreis G. (siehe Download unterhalb)
  • DGE, 2015: Evidenzbasierte Leitlinie „Fettzufuhr und Prävention ausgewählter ernährungs-mitbedingter Krankheiten“; Deutsche Gesellschaft für Ernährung, 2. Version 2015
  • EDA, 2020: Fact sheet, Milk Fat, January 2020, EDA European Dairy Association
  • Souci, 2016: Die Zusammensetzung der Lebensmittel – Nährwert-Tabellen; 8. revidierte und ergänzte Auflage, Souci S.W., Fachmann W., Kraut H.
  • Astrup, 2016: Regular-Fat Dairy and Human Health: A Synopsis of Symposia Presented in Europe and North America (2014–2015); Nutrients 2016, 8, 463; Astrup A. et al.
  • Lecerf, 2011: Dietary cholesterol: from physiology to cardiovascular risk; Br J Nutr 106, 6-14, Lecerf J.-M. et al.
  • Barona, 2012: Dietary Cholesterol Affects Plasma Lipid Levels, the Intravascular Processing of Lipoproteins and Reverse Cholesterol Transport without Increasing the Risk for Heart Disease; Nutrients 4, 1015-1025, Barona J. et al.
  • Givens, 2017: Saturated fats, dairy foods and health: A curious paradox?; Nutrition Bulletin 42(3): 274-282; Givens, D.I.
  • Thorning, 2017: Whole dairy matrix or single nutrients in assessment of health effects: current evidence and knowledge gaps; American Journal of Clinical Nutrition 105(5): 1033-1045, Thorning, T.K. et al.
  • IDF, 2019: The importance of the dairy (food) matrix in the evaluation of the nutritional quality and health effects of food; Factsheet 003/2019-04, International Dairy Federation
  • MRI, 2014: Ernährungsphysiologische Bewertung von Milch und Milchprodukten und ihren Inhaltsstoffen, Bericht für das Kompetenzzentrum für Ernährung, Bayern November 2014, Max Rubner-Institut
Quelle
Arnold C., Jahreis G. (2011): Milchfett und Gesundheit, Ernährungsumschau Nr. 04/2011: 177-181
Quelle
MIV-Sachstand zu Milchfett 25.03.2020

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