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Käsereifung und Löcher im Käse
Wie kommen die Löcher in den Käse?
Die Milchsäurebakterien im Käse produzieren während der Reifung das Gas Kohlensäure (CO2), die aufgrund der im Salzbad gebildeten Rinde nicht mehr entweichen kann. Dadurch bilden sich Hohlräume (Löcher) im Käse. Je nach Menge des gebildeten Gases entstehen so größere oder kleinere Löcher im Käse.
Ein kurzes Erklärvideo der Landesvereinigung der Milchwirtschaft Nordrhein-Westfalen e.V. (LV Milch NRW)
Ein Klassiker: Die Sendung mit der Maus zur Entstehung der Käselöcher
Käse mit Rundlochung (technische Erklärung)
Bei der Herstellung rundgelochter Käse werden gasbildende Bakterien (Sc. cremoris/lactis, L. Cremoris und Sc. diacetylactis) verwendet.
Im Emmentaler bilden Propionibakterien die typische Lochung.
Untersuchungen zur Lochbildung ergaben, dass sich beim Sammeln des Bruchkorns unter einer Molkenschicht mikroskopisch kleine Löcher im Bruchkuchen bilden. In diesen kleinen, molkengefüllten Hohlräumen sammeln sich Kulturbakterien an. Bei deren Wachstum löst sich das von ihnen gebildete Gas in der Flüssigkeit, wenn die Keimzahl weiter ansteigt, kommt es zur lokalen Übersättigung, was zur Bildung kleiner Löcher führt. Wenn später die Gasbildung aus Substratmangel (v. a. Zitronensäure) stoppt, wird die Gasdiffusion zum wichtigsten Prozess. Dies vergrößert die Löcher, die bereits relativ groß sind, während die kleinen Löcher verschwinden. Die Vergrößerung der großen Löcher zu Lasten der kleineren ist eine Folge der Oberflächenspannung, da es zum Vergrößern eines großen Lochs eines geringeren Gasdrucks bedarf als bei einem kleinen Loch.
Die Reifung und Entstehung der Löcher im Käse
Erst durch die Reifung entwickelt ein Käse seinen sortentypischen Charakter. Je nach Form, Größe, Alter und Käsetyp reifen Käse auf höchst individuelle Weise.
Je handwerklicher die Käseherstellung, je naturbelassener die Milch und je natürlicher der Reiferaum, je mehr beeinflusst der Reifeprozess das spätere Endprodukt Käse. In natürlichen Höhlen, wie zum Beispiel den berühmten Höhlen von Roquefort, herrscht ein ganz bestimmtes Mikroklima. Bei der industriellen Herstellung wird versucht, ein solch spezielles Mikroklima im modernen Reiferäumen nachzuempfinden. Teilweise setzt man aber auch solche in der Natur vorkommenden speziellen Hefen, Bakterien oder Pilzsorten bereits der für den Käse bestimmten Milch, der Bruchmasse oder dem jungen Käse zu, um den unter natürlichen Bedingungen entstandenen Originalprodukt so nahe wie möglich zu kommen.
Höhere oder niedrigere Temperaturen im Reiferaum oder unterschiedliche Feuchtigkeit fördern bestimmte Bakterien. Ein Weichkäse mit flaumiger Rinde wie der Camembert braucht 95 % Luftfeuchtigkeit, für eine Hartkäse reichen 80 % und ein Ziegenkäse kommt mit 75 % Luftfeuchtigkeit aus. Die Propionsäurebakterien, die z. B. beim Emmentaler durch das Freisetzen von Kohlensäuregasen für die Löcher im Käse verantwortlich sind, nehmen ihre Arbeit erst bei einer bestimmten Temperatur auf. Bei relativ warmen Temperaturen wird mehr Kohlensäure freigesetzt und die Löcher im Käse werden größer.
Bei der Reifung des Käses unterscheidet man nach Käsesorten, die von außen nach innen und von innen nach außen reifen. Von außen nach innen reifen Sauermilchkäse oder Labkäse mit Außenschimmel, wie der Camembert oder Brie, oder solche mit Schmierbildung, wie Münsterkäse oder Limburger. Bei der Reifung von außen nach innen vermehren sich die Mikroorganismen an der Oberfläche sehr schnell und bilden eiweißspaltende Enzyme, die dann in den Käse eindringen. Durch den Eiweißabbau wird die Käsemasse im Innern weich.
Käse mit Innenschimmel reifen von innen nach außen. das bekannteste Beispiel ist der Roquefort, dessen Schimmelkulturen auch bei vielen anderen Edelpilzkäsen Verwendung findet. Diese Käse werden mit zunehmender Reifung nicht weiß, sondern bleiben halbfest.
Die Lochbildung im Käse: bereits 1917 ein Thema
Die Faszination am Phänomen Lochbildung hat seit jeher die Aufmerksamkeit der Wissenschaft auf sich gezogen. Bereits im Jahr 1917 hat der Amerikaner William Clark einen ausführlichen Übersichtsartikel über die Lochbildung in Emmentaler veröffentlicht, in dem der Stand der damaligen Forschungsarbeiten zur Aufklärung dieses Rätsels zusammengefasst wurde. Dass die Lochbildung durch Kohlendioxid der Bakterien (Propionsäurebakterien, Milchsäurebakterien etc.) verursacht wird, war damals eher noch eine Hypothese als eine gesicherte Erkenntnis, zumal immer noch unbekannt war, welche Bakterien und Gärungsprozesse zur Gasbildung im Emmentaler beitragen. Umso mehr erstaunt es, dass bereits damals gerätselt wurde, ob der Entstehungsort der Löcher rein zufällig ist oder nicht.
Zu saubere Milch führte zu „Löcherschwund“
Auch in den letzten Jahrzehnten gab es immer wieder Bemühungen, dieses Rätsel wissenschaftlich aufzuklären. Während es zum Beispiel im Emmentaler früher im Winter eher zu viele Löcher gab, zeigte Käse in den letzten 10-15 Jahren vermehrt eine zu sparsame Lochung, was als sogenannter „Löcherschwund“ bezeichnet wurde: Dieses Phänomen hat man auf die verbesserte Melktechnik und die damit verbundene, immer sauberere Milch zurückgeführt. Forschende von Agroscope hegten den Verdacht, dass Heupartikel möglicherweise die gesuchten Mikropartikel sind, welche die Entstehung der Löcher im Käse auslösen. Um die Entwicklung der Löcher (Anzahl, Grösse und Verteilung) im Käse im Verlauf der Reifung von 130 Tagen studieren zu können, haben Agroscope und die Empa eine neue Methode zur Erfassung der Lochbildung mittels Computertomographie entwickelt. Die Ergebnisse der Versuchsreihen waren selbst für die Forschenden verblüffend. Je nach Dosierung der Heupartikel konnte die Anzahl der Löcher in den Käsen fast nach Belieben gesteuert werden.
Kleinste Heupartikel bilden „Lochansatzstellen“ im Käse
Dank dieser Entdeckung lässt sich nun auch das Rätsel vom „Löcherschwund“ wissenschaftlich erklären. Das traditionelle Melken im Stall mit offenen Kesseln wurde in den letzten Jahrzehnten komplett durch moderne, geschlossene Melksysteme abgelöst. Diese technischen Verbesserungen bei der Melktechnik haben die Gefahr von unerwünschten mikrobiologischen Kontaminationen verringert, gleichzeitig aber auch den Eintrag von mikroskopisch kleinen Heupartikeln in die Milch reduziert. Dadurch sind auch weniger „Lochansatzstellen“ im Käse gebildet worden. Dass es für die Herstellung von traditionellem Käse neben Milch, Lab und Bakterienkulturen auch eine Prise Heustaub braucht, ist ein schönes Beispiel, dass die Produktion und Verarbeitung von Rohmilch zu Käse auch heute noch eng miteinander verbunden sind. Dies unterstreicht die Natürlichkeit der traditionellen Rohmilchkäse.
Weitere Informationen:
- Affineur
- Käse
- Käsebruch
- Käsefehler vermeiden – Online-Portal zur Käsefehleranalyse
- Detaillierte technologische Informationen zur Anwendung der Heupartikel sind unter www.sciencedirect.com zu finden.
Quelle:
- Tetra Pak Handbuch der Mlch- und Molkereitechnik, 2012
- Das Feinschmecker Handbuch Käse (h.f.ullmann)
- Forschungsgruppe Humanernährung, Sensorik und Aroma Agroscope, Institut für Lebensmittelwissenschaften ILM Schwarzenburgstrasse 161, CH-3003 Bern